10. Juli 2023
Einfach
Manchmal kommt mit den Schmerzen die Angst. So wie jetzt. Angst davor, dass irgendwann alle Schmerzmittel ausgereizt sind. Es begann mit Ibuprofen und nun steht Tapentadol in meiner Küche. Was ist, wenn auch das nicht mehr hilft? Was wird sein, wenn, wenn, wenn ….. .
Ja, wenn ich meinem Geist auf die freie Wildbahn lasse, galoppiert er los und Angst kriecht hoch. In eine Zukunft, die noch gar nicht existiert. Die Angst dehnt sich aus und mein Geist ersinnt ein gräuliches Szenario nach dem anderen.
Am Ende liege ich dann da und weine und kann kaum aufhören. Nicht schön!
Wenn ich mir beim Schreiben so zuhöre, dann habe ich gerade beschrieben, was ich dagegen und für mich tun kann. Ich erinnere mich nur nicht immer daran. Die Schmerzen kann ich nicht zähmen, aber meinen Geist. Wenn ich mich lieb habe, darf ich meinen Geist einfach nicht mehr unbeobachtet und damit auf die freie Wildbahn lassen.
Habe ich gerade „einfach“ geschrieben. Jetzt liege ich hier tippend und muss lachen. Ja, „einfach“ wäre schön. Konditional 2? Eigentlich ist es ja ganz „einfach“. Nur ich erinnere mich nicht immer. Ehe ich mich versehe, galoppiert er los – der ungezähmte Geist und veranstaltet ein gräusliches Kopfkino.
Stets achtsam zu sein ist nicht einfach, und ich übe schon lange -Achtsamkeit & Gewahrsein. Nur waren die Umstände bisher weitaus angenehmer. Da fiel es mir viel leichter. Und nun: So viel Schmerzen. So langes Kranksein, so viel Bewegungslosigkeit. Ich liege hier im Zimmer und draußen tanzt der Sommer. Die Bedingungen haben sich eindeutig verschärft. Aber nü, nun habe ich mehr zum Üben. 🙂
Hilfreiche Gewohnheiten zu etablieren, so wie Achtsamkeit, die dann auch noch greift, wenn es schwierig wird, ist ein sehr lohnendes, wenn auch nicht wirklich leichtes Unterfangen. Karl Lagerfeld erzählte einmal in einem Interview, dass er mit Leichtigkeit auch die sehr unliebsame Aufgaben erledigt, indem er einfach nicht vorab mit sich darüber diskutiere. Er tue es einfach. Brillant. Mich beeindruckte dies zutiefst. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, so achtsam zu sein, dass sein Geist noch nicht einmal die Chance hatte, wenigsten die erste Szene eines Dramas abzuspielen.
Zumindest für jetzt und heute auch in meinem Geist kein dramatisches Kopfkino mehr. Es ist schon spät, was ja eigentlich egal ist, weil relativ. Doch ich bin schon lange auf, die Schmerzen auf ein erträgliches Maß geschrumpft und Schlafen würde mir jetzt gut tun.
Ooh, ich schreibe schon wieder im Konditional 2? Ah, sieh´ an:
In meinem Geist hat gerade eine wilde Diskussion begonnen: PC ausschalten, das Licht ausmachen und einfach schlafen oder doch lieber noch ein wenig fernsehen……
Für die BuddhistInnen unter uns:
Wenn scheinbar nichts mehr geht, dann hilft mir das Schauen auf Rinpoches Photo und das Erinnern an seinen Rat: „Denkt groß! Denkt nicht nur an dieses Leben. Denkt groß!“ Und damit denke ich an das Bodhisattva Gelübde. „In all meinen Leben…. Single handedly!“